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Bundesarbeitsgericht: Urteil gegen den Gender-Pay-Gap

von | 4. Mrz 2023

Mit Urteil vom 16. Februar 2023 (Az.: 8 AZR 450/21) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nichts, wenn der männliche Kollege in den Vertragsverhandlungen ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Im entschiedenen Fall stellte das beklagte mittelständische Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie die Klägerin zum 1. Januar 2017 im Vertriebsbereich ein. Zum 1. März 2017 wurde im Unternehmen ein weiterer Kollege im selben Bereich (und mit vergleichbaren Aufgaben) eingestellt. Beiden bot das Unternehmen im Rahmen der fast zeitgleich stattfindenden Vertragsverhandlungen ein monatliches Grundgehalt von 3.500,00 Euro in der Einarbeitungszeit und ab dem 1. November 2017 eine zusätzliche, erfolgsabhängige Vergütung an. Die Klägerin akzeptierte im Bewerbungsverfahren das Angebot. Der männliche Bewerber war mit dem Angebot nicht einverstanden und verlangte bereits für die Dauer der Einarbeitungszeit bis zum 31. Oktober 2017 eine monatliche Grundvergütung von 4.500,00 Euro. Das Unternehmen stimmte dem zu und stellte beide zu den unterschiedlichen Konditionen ein.

Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die nachträgliche Zahlung weiterer Vergütung iHv. 14.500,00 Euro brutto. Durch die geringere Entlohnung werde sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Außerdem verlangte die Klägerin eine angemessene Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Das beklagte Unternehmen hatte eingewandt, die höhere Vergütung des männlichen Kollegen beruhe nicht auf seinem Geschlecht, sondern auf den mit ihm geführten Vertragsverhandlungen und dies müsse im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig sein.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgte die Klägerin weiterhin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche. Und damit hatte sie nun überwiegend Erfolg.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts habe die Klägerin deshalb einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründe die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Dem Unternehmen sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Insbesondere könne sich die Beklagte für den Zeitraum von März bis Oktober 2017 nicht mit Erfolg darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe.

Zudem wurde der Klägerin eine Entschädigung wegen der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts i.H.v. 2.000,00 Euro zugesprochen.

PBC legal takeaways: Zur abschließenden Einordnung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts sind die ausformulierten Entscheidungsgründe noch abzuwarten. Bereits jetzt ist allerdings damit zu rechnen, dass Arbeitnehmer/innen künftig vermehrt Auskunftsansprüche nach dem Entgelttransparenzgesetz gegen den Arbeitgeber geltend machen und sich Arbeitgeber Fragen der Lohngerechtigkeit stellen lassen müssen. Arbeitgebern ist bereits jetzt anzuraten, im Rahmen der Gestaltung rechtswirksamer und motivierender Vergütungssysteme – auch in Kleinunternehmen – eine ausreichende Dokumentation über die objektiven Gründe einer möglichen Lohnungleichbehandlung zu führen. Gerne beraten wir Sie bei der arbeitsrechtlichen Gestaltung von Gehaltsstrukturen.

Autor dieses beitrags und

Ansprechpartner 

Florian Christ

Florian Christ

Partner
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht

christ@pbc-legal.de
Luisa Victoria Jeck

Luisa Victoria Jeck

Rechtsanwältin

jeck@pbc-legal.de