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Neues zur Arbeitszeiterfassung

von | 1. Jan 2023

Bereits im September hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die Arbeitszeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bereits jetzt – nach geltendem Recht – generell erfasst werden muss. Dies soll nicht aus dem Arbeitszeitgesetz, sondern aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz folgen. Das BAG hatte dies in einer Streitigkeit über die Reichweite der Mitbestimmung eines Betriebsrates entschieden. Im Dezember wurden dann die Entscheidungsgründe veröffentlicht (BAG, Beschluss vom 13.9.2022, 1 ABR 21/22).

Dieser vermeintliche „Erfurter Paukenschlag“ oder auch „Stechuhr-Beschluss“ wurde in den Medien, der HR-Praxis und der arbeitsrechtlichen Fachwelt bereits intensiv diskutiert. Die zum 2. Advent veröffentlichten Beschlussgründe brachten allerdings nur bedingt Aufschluss für die betriebliche Umsetzung.
Arbeitgeber müssen danach ein betriebliches System zur Erfassung der von Arbeitnehmern/innen geleisteten täglichen Arbeitszeit vorhalten, welches Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie die Überstunden umfasst. Die Arbeitszeiterfassung kann dabei analog oder auch elektronisch/ digital erfolgen. Es reichen demnach auch Erfassungen in Papierform. Die Einführung einer Stechuhr oder eines Arbeitszeiterfassungsprogramms wird damit nicht generell verpflichtend. Eine Delegation der Zeiterfassung an die Arbeitnehmer/innen soll weiterhin möglich sein. Lediglich das Angebot an die Belegschaft, ein bestehendes Arbeitszeiterfassungssystem freiwillig zu nutzen, soll allerdings nicht ausreichen.

Der Nebel lichtet sich zwar etwas. Noch immer sind allerdings die maßgeblichen Fragen nicht abschließend zu beantworten. Vor allem die von vielen Unternehmen und Führungskräften geschätzte Vertrauensarbeitszeit steht auf dem Prüfstand. Wir gehen davon aus, dass ein durchdachtes und ausgewogenes System der Vertrauensarbeitszeit auch zukünftig möglich bleibt. Es müssen allerdings die Spielregeln und Verantwortlichkeiten klar definiert werden. Ein „Jeder macht wie er will“-System wird wohl nicht mehr zulässig sein (das war es aber auch bislang nicht).

Im Jahr 2023 geht auch bei diesem Thema der Blick nach Berlin. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, den Unternehmen und auch den Arbeitnehmern/innen endlich ein praxistaugliches Arbeitszeitrecht an die Hand zu geben, das ein gesundes Arbeitszeitumfeld sichert, aber auch Flexibilität in einer modernen und digitalen Arbeitswelt ermöglicht.
Laut internen Hinweisen soll bereits Anfang 2023 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein konkreter Vorschlag zur Reform der Arbeitszeitregelungen erarbeitet und ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Wir werden diese Entwicklung genau beobachten und Sie auf dem Laufenden halten. Wenn sie bereits jetzt einen ersten arbeitsrechtlichen Check Ihres aktuellen Zeiterfassungsmodells vornehmen lassen wollen, sprechen Sie uns gerne an.

Autor dieses beitrags und

Ansprechpartner 

Florian Christ

Florian Christ

Partner
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht

christ@pbc-legal.de