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Kündigung wegen beleidigender Äußerungen in einer Chatgruppe

von | 7. Sep 2023

Wenn sich ein Arbeitnehmer in einer privaten Chatgruppe mit mehreren Mitgliedern in stark beleidigender Weise über Vorgesetzte äußert, kann dies eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (BAG, Urteil vom 24.08.2023 – Az.: 2 AZR 17/23).

Der Kläger gehörte seit 2014 einer Whatsapp-Gruppe mit zuletzt sechs anderen Arbeitnehmern an. Alle Gruppenmitglieder waren „langjährig befreundet“, zwei sogar verwandt. Neben privaten Themen äußerte sich der Kläger in beleidigender und menschenverachtender sowie teilweiser rassistischer und sexistischer Weise über Vorgesetzte. Äußerungen, wie z.B. „Covidioten sollten vergast werden (…) KZ oder so“ oder „G. war mal gut zum b… das war‘ s“ veranlassten aber wohl eines der Gruppenmitglieder zur Weitergabe an den Arbeitgeber. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in der Revisionsinstanz eine schützenswerte Vertraulichkeitserwartung des Klägers betreffend der Äußerungen nicht angenommen und das mögliche Vorliegen eines Kündigungsgrundes bejaht. Das BAG hat insoweit das noch anders lautende Berufungsurteil des LAG Niedersachsen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung dorthin zurückverwiesen. Das LAG wird dem Kläger nun Gelegenheit geben müssen, konkret darzulegen, warum er angesichts der Größe der Gruppe, ihrer Zusammensetzung und der unterschiedlichen Beteiligung der Mitglieder noch eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung gehabt haben sollte.

Das BAG beschäftigte sich in dem Verfahren mit der Frage, ob eine WhatsApp-Gruppe von mehreren Kollegen eine Art privater Raum (ähnlich einem Kollegen-Stammtisch) sein kann, in dem Vertraulichkeit gilt und herabwürdigende Äußerungen oder Beleidigungen über Vorgesetzte ohne arbeitsrechtliche Sanktionen ausgetauscht werden können. Eine Vertraulichkeitserwartung sei laut BAG aber nur dann noch berechtigt, wenn die Mitglieder der Gruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen könnten. Das sei abhängig vom Inhalt der Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Gruppe. Bei beleidigenden Äußerungen über Betriebsangehörige, bedürfe es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer noch erwarten können sollte, dass deren Inhalt nicht an Dritte weitergegeben werde.

PBC legal takeaways: In den letzten Jahren wurde es zu einem zunehmenden Phänomen, dass Whatsapp-Gruppen von Mitarbeitern zu arbeitsrechtlichem Ärger führen. Das altbekannte Motto „Der Freund von heute ist der Feind von morgen“ wird dabei allzu oft außer Acht gelassen. In eine Kollegen-Chatgruppe dokumentierte Nachrichten oder auch vermeintliche „Witze“ sind auch Jahre später noch abrufbar. Und deshalb besteht die Gefahr, dass derartige Aussagen später beim Arbeitgeber landen und diesen zu einer arbeitsrechtlichen Sanktion veranlassen.

Autor dieses beitrags und

Ansprechpartner

Florian Christ

Florian Christ

Partner
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht

christ@pbc-legal.de
Luisa Victoria Jeck

Luisa Victoria Jeck

Rechtsanwältin

jeck@pbc-legal.de